Zukunft Justizvon Manfred Herrnhofer
Der österreichische Literat Robert Jungk hat einst formuliert: Die Welt kann verändert werden. Zukunft ist kein Schicksal. Um unsere Zukunft zu gestalten, veranstaltet die Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter von 10. bis 12. April im Seehotel Hafnersee in Kärnten ein Seminar zum Thema "Zukunft Justiz", wo ca 100 Kolleginnen und Kollegen von Gerichten und Staatsanwaltschaften aus dem gesamten Bundesgebiet in einer Art Ideenfabrik neue Antworten und Konzepte zur Hebung und Förderung der Rechtspflege und Stärkung der richterlichen Unabhängigkeit finden sollen. Derartige Tagungen lieferten in der Vergangenheit wertvolle Impulse für wesentliche standespolitische Anliegen, die oft in zähen Verhandlungen und unter Hinweis auf die Bereitschaft und Entschlossenheit der Kollegenschaft deren Umsetzung - falls erforderlich- auch mit Maßnahmen zu unterstützen erfolgreich, verwirklicht werden konnten. Beispielhaft wären hier aus der jüngeren Vergangenheit die Personalsenats- und Gehaltsreform, das Projekt PAR oder die Planstellenaufstockung anzuführen. Gerade in Zeiten zunehmend kritischer Stimmen gegenüber der Justiz und ungeachtet unvermindert hoher Arbeitsbelastung ist es dringend erforderlich, dass wir uns selbst Gedanken über die Verbesserung unserer Strukturen, der Ablauforganisation, der zukünftigen Gestaltung unseres Arbeitsplatzes und nicht zuletzt den notwendigen Stellenwert der Justiz, wie auch ihrer einzelnen Organe in unserer postmodernen, pluralistischen Gesellschaft machen, um aktiv sinnvolle Reformvorschläge zur Diskussion zu stellen. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern stehen sechs Arbeitskreise zur Auswahl, um sich aktiv einzubringen: Unter dem Titel "Verschubbahnhof Justiz" wollen wir uns über die Notwendigkeit und die Grenzen des flexiblen Richtereinsatzes im Verhältnis zum verfassungsrechtlich garantierten Grundsatz der Unversetzbarkeit Gedanken machen, dies angesichts der Forderung nach einer Erhöhung der Sprengelrichterquoten durch Teile der Justizverwaltung. Eine grundsätzliche Diskussion, wie viel an Hierarchien es in der Justiz bedarf und welche "Karrierewege" durch die Instanzen mit welchen Anreizsystemen erstrebenswert erscheinen, soll im zweiten Arbeitskreis geführt werden, wobei sowohl die in einigen Sprengeln registrierte geringe Bereitschaft der Kollegenschaft zur Bewerbung an Landes- und Oberlandesgerichte, wie auch der Forderung nach einer einheitlichen ersten Instanz ("Eingangsgerichte") thematisiert werden wird. Ein medial oft für lange Verfahrensdauer von Ermittlungsverfahren gerade bei prominenten Beschuldigten verorteter Faktor stellt das Revisions- und Berichtswesen der Staatsanwaltschaften dar. In einem eigenen Arbeitskreis soll dem Sinn (oder der Belastung) derartiger Instrumente, wie auch deren aktueller praktischer Handhabung nachgespürt werden. Jenseits von Statistiken, benchmarking oder anderen Modernismen, die man der Gerichtsbarkeit aufzudrängen versucht, soll sich ein Arbeitskreis mit der Qualität von richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Entscheidungen, deren Wesen und Voraussetzungen befassen. Auf allen Ebenen und Sparten der Gerichtsbarkeit ist eine stetig steigende Befassung mit Menschen fremder Kulturen zu registrieren. Unterschiedliche kulturell geprägte Erwartungshaltungen sind eine Quelle von Missverständnissen und Konflikten. Wie wir den Umgang mit Menschen aus fremden Kulturen menschenrechtskonform und menschenwürdig gestalten wollen, ohne die Verfahrensgrundsätze zu vernachlässigen (Stichwort "Verschleierung im Gerichtssaal") verspricht einen spannenden Diskurs. Der von Meinungsforschern behauptete Vertrauensverlust der Justiz, die Diskussion über das Spannungsfeld Unabhängigkeit der Justiz versus Meinungsfreiheit soll in einem eigenen Arbeitskreis aufgearbeitet werden, in dem sicher auch die unglücklichen Irritationen der letzten Ereignisse zurechtgerückt werden können. Dazu sind nicht nur alle standesinternen kritischen Stimmen eingeladen, sondern es wurde auch eine Plattform für eine Außensicht in Form einer Podiumsdiskussion unter Teilnahme bekannter justizkritischer Journalisten sichergestellt. Die Ingredienzien für eine fruchtbare Arbeit sind vorhanden, jetzt liegt es an jeder/jedem Einzelnen von uns, seine Ideen zur Gestaltung unserer Zukunft einzubringen. |